Die Grenzen des Vertrauens im Influencer Marketing

von NICOLE BOGACZ & VICTORIA KNEIL

Influencer:innen agieren als Schlüsselfiguren in der Online-Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen. Die Werbelandschaft hat sich verändert, und die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit im Influencer-Marketing wird wichtiger. Bedenklich sind die Risiken, die mit Rabattcodes einhergehen, sowie die Verschuldung gutgläubiger Follower:innen, die durch Influencer Marketing in Schuldenfallen tappen können. Besonders hervorzuheben ist hier die sogenannte „Klarna-Falle“.

Influencer Marketing

Influencer Marketing ist die moderne Werbung, bei der Netzpersonen Produkte und Dienstleistungen auf Social Media präsentieren. Diese sogenannten Influencer:innen haben eine große Anhängerschaft und ihre Beliebtheit ermöglicht es ihnen, Meinungen und Verhaltensweisen ihrer Follower zu beeinflussen. Die Inhalte, die Influencer:innen erstellen, werden über verschiedene Social Media Plattformen wie Instagram, Facebook, YouTube, Pinterest und TikTok verbreitet. Ob durch beeindruckende Bilder, fesselnde Videos oder nahbare Stories – die Botschaften erreichen Millionen und können im Gedächtnis bleiben. Influencer Marketing gilt so als eine kraftvolle und omnipräsente Methode, um Produkte und Marken in den Alltag der Menschen zu integrieren.

Microsoft Designer; Prompt: „Bitte generiere mir ein Bild einer Influencerin, die Produkte bewirbt. Um sie herum steht ihre Community, manche erfreut und manche skeptisch, ob sie ihr vertrauen können und die Produkte kaufen sollten."; 26. Juni 2024, 12:53 Uhr
Microsoft Designer; Prompt: „Bitte generiere mir ein Bild einer Influencerin, die Produkte bewirbt. Um sie herum steht ihre Community, manche erfreut und manche skeptisch, ob sie ihr vertrauen können und die Produkte kaufen sollten.“; 26. Juni 2024, 12:53 Uhr

Vertrauen im Influencer Marketing

Authentisch, transparent und immer mit einem Lächeln im Gesicht – so präsentieren sich Influencer:innen täglich auf den sozialen Medien und suchen ihre Community zu fesseln. Diese Vorbilder werden zu virtuellen Freund:innen und erzeugen besonders bei Jugendlichen Sympathie und Bindung. Tägliche Stories und Posts auf verschiedenen Kanälen lassen Influencer:innen zu Bezugspersonen werden, die das Leben ihrer Follower:innen auf gewisse Art und Weise beeinflussen.

Ein zentrales Element dieser Einflussnahme sind dringende Aufrufe zur Nutzung zeitlich begrenzter Rabattcodes, die oft zu impulsiven Käufen führen. Auf der einen Seite steht ein im Moment zufriedener Follower bzw. eine zufriedene Followerin, die ein vermeintlich tolles Angebot genutzt haben, auf der anderen ein noch breiter lächelnder, erfolgreicher Influencer oder eine erfolgreiche Influencerin, die von der Partnerschaft profitieren. Im Raum steht die Frage nach der ethischen Verantwortung gegenüber der Zielgruppe. Influencer:innen können eine enorme Reichweite haben und das Verhalten ihrer Follower:innen beeinflussen. Dabei nutzen sie verschiedene Tricks, um ihre Produkte zu verkaufen. Viele seien sich der kommerziellen Absichten hinter den Posts nicht vollständig bewusst und vertrauen blind den Empfehlungen ihrer Lieblingsinfluencer:innen.

Der deutsche Moderator und Webvideoproduzent Marvin Wildhage stellt die Integrität der Influencer:innen gerne auf die Probe. So eröffnete er 2023 einen gefälschten Online-Shop in der Esoterik-Branche, um zu testen, ob Influencer:innen Heilsteine bewerben würden, die angeblich Depressionen und Krebs heilen könnten. Diese Steine waren in Wahrheit gewöhnliche Steine, deren Einkaufswert bei einigen Cents lag. Mit einer gefälschten Agentur stellte Wildhage Anfragen bei Influencer:innen, und tatsächlich erklärten sich Influencerinnen, wie Tanja Makarić oder Yasmin Schmidt bereit, für diese Produkte mit unbelegten Heilversprechen zu werben. Tanja Makarić bewarb diese Steine beispielsweise in ihrer Instagram-Story mit den Worten: „Der Rosenquarz stärkt eure Seele, wenn ihr Depressionen habt und so weiter.“ Sie behauptete, den Stein regelmäßig zu nutzen, obwohl sie ihn erst 24 Stunden zuvor erhalten hatte. Diese Aussagen wurden vom Verbraucherschutz Brandenburg als strafbar eingestuft.

Das Fehlen von Transparenz bezüglich bezahlter Partnerschaften und der Mangel an echten Erfahrungsberichten werfen ein zweifelhaftes Licht auf die Integrität des Influencer Marketings. Die Fälle um Marvin Wildhage verdeutlichen, wie leichtgläubig viele Influencer Produkte bewerben, ohne deren Echtheit oder Nutzen zu überprüfen. Dies offenbart nicht nur die ethischen Schwachstellen innerhalb der Branche, sondern zeigt auch, wie gefährlich unkritisches Vertrauen der Follower:innen in ihre Vorbilder sein kann.

Die „Klarna-Falle“ durch die rosarote Shopping-Brille

Kuriose Kurzvideos gehen auf Tiktok unter dem Hashtag „#KlarnaSchulden“ viral: Zig Millionen Aufrufe für Clips von stolzen Klarna-Schuldner:innen, die den Ernst der Lage verharmlosen. Verleugnung oder ein ironischer Hilfeschrei – es kann nur eines dieser Motive sein, dass sie zur Teilnahme an der mittlerweile berüchtigten Klarna-Schulden-Challenge bewegt. Eine verzerrte Wahrnehmung in Bezug auf das Kaufverhalten lässt Schulden zur Normalität werden.

Klarna ist ein schwedischer Zahlungsdienstleister, der flexible Bezahloptionen wie „Kauf auf Rechnung“ oder „Ratenkauf“ anbietet. Diese bequemen Zahlungsmodalitäten dienen oft als Lockmittel, um Konsument:innen zu vermehrten und oft unüberlegten Käufen zu verleiten. Der Begriff „Klarna-Falle“ bezieht sich auf die Gefahr, durch diese scheinbar attraktiven Bezahloptionen in eine Schuldenfalle zu geraten. Dabei wird Klarna häufig synonym für ähnliche Instant-Pay-Services verwendet, die Käufe auf Kreditbasis ermöglichen und ähnliche Risiken bergen.

In den TikTok-Clips bleiben Begriffe wie Schuldenfalle, Abschöpfungsverfahren und Existenzminimum unerwähnt. Stattdessen verherrlichen die Creator ihre Schulden und ermutigen die Zuschauer:innen, sie in der Challenge zu überbieten. Flexible Bezahloptionen und bequemer Ratenkauf verschleiern die langfristigen finanziellen Konsequenzen und führen zu einer gefährlichen Verharmlosung von Schulden.

Klarna App. Bild: Victoria Kneil 2024.
Klarna App. Bild: Victoria Kneil 2024.

Rechtliche Anforderungen an die Werbekennzeichnung im Influencer-Marketing

Die rechtlichen Anforderungen an die Werbekennzeichnung im Influencer-Marketing sind essenziell, um Transparenz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Werbung klar erkennbar und vom übrigen Inhalt eindeutig getrennt ist. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV muss Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt eindeutig getrennt sein. Diese Norm findet beispielsweise Anwendung auf Instagram-Posts. Die Anforderungen an die Kennzeichnung werden erfüllt, wenn ein Begriff eingeblendet wird, der eindeutig klarstellt, dass es sich um Werbung handelt. Besonders empfohlen wird eine Kennzeichnung mit dem Begriff „Anzeige“, wie es bei Printmedien üblich ist, oder „Werbung“, wie es im Fernsehen praktiziert wird. Auf deutschsprachigen Kanälen sind englische Begriffe wie „ad“ oder „sponsored by“ nicht ausreichend. Die sicherste Kennzeichnung erfolgt mit „Werbung“ oder „Anzeige“. Ein allgemeiner Hinweis auf Werbung entbindet nicht von der Pflicht, jeden werblichen Beitrag einzeln zu kennzeichnen. Werbung muss für die Follower auf den ersten Blick erkennbar sein.

Die Konsequenzen für Käufer:innen

Influencer-Marketing birgt erhebliche Risiken, da Influencer:innen ihre Community geschickt zu impulsiven Käufen verleiten, oft ohne Transparenz über die kommerziellen Absichten. Ein verantwortungsvoller Umgang erfordert Authentizität, kritisches Denken und Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Die „Klarna-Falle“ zeigt eindrücklich, wie schnell Menschen in ernst zu nehmende finanzielle Schwierigkeiten geraten können. Durch Verschleierung von Werbebotschaften wird dieses unkritische Konsumverhalten, besonders bei jungen Nutzer:innen, gefördert. Gegenplattformen zur Verbraucherschulung und Aufklärungskampagnen könnten helfen, diese Praktiken aufzudecken und das Bewusstsein für die Risiken zu schärfen. Zukünftig müssen Influencer:innen und Marken transparenter agieren und ethische Standards einhalten, um das Vertrauen der Verbraucher:innen zu stärken und ihre Rechte zu schützen. Dabei ist es notwendig, dass auch die Schuldner:innen sich der Konsequenzen bewusst werden und informierte Entscheidungen treffen. Nur so kann ein nachhaltiger und verantwortungsvoller Konsum in der digitalen Welt gefördert werden.

Prompt-Verzeichnis:  

Der Absatz „Rechtliche Anforderungen an die Werbekennzeichnung im Influencer-Marketing“  wurde mithilfe von ChatGPT-4o  verfasst.  Eingabe des folgenden Textes: „Schreibe eine Einleitung zu dem Thema: Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV muss Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt eindeutig getrennt sein. Diese Norm findet beispielsweise Anwendung auf Instagram-Posts. Auf die klare Erkennbarkeit der kommerziellen Kommunikation stellt auch § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG ab.” Am 28.05.2024 um 14:10 Uhr.

Disclaimer: Für den Fall der Weiterverarbeitung durch Dritte wird darum gebeten, Autorenschaft und Ort der Erstveröffentlichung zu übernehmen und kenntlich zu machen.

Über die AutorInnen

Victoria Kneil ist 20 Jahre alt und studiert im 4. Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Erste journalistische Erfahrungen hat sie als freie Redakteurin bei den Bezirksblättern Niederösterreich gesammelt. Ihre Freizeit verbringt sie gerne in der Natur.
Kontakt:Victoria Kneil  | LinkedIn

Bild Copyright: Julius Nagel

Nicole Bogacz ist 21 Jahre alt und studiert im 4. Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Erste Erfahrungen in der Medienbranche hat sie als Social Media Managerin für das Campus Medium c-tv creative content channel der FH St. Pölten gesammelt. Ihre Freizeit verbringt sie gerne unter Freunden.

Kontakt: Nicole Bogacz | LinkedIn