Der Preis der Perfektion: Wie der digitale Spiegel unsere mentale Gesundheit herausfordern kann

von ANNA-MARIA GFRERER UND LENA HASLINGER

Soziale Medien entfremden von der Realität und werden zur emotionalen Belastung. Bild: Anna-Maria Gfrerer und Lena Haslinger

Junge Menschen verbringen mehrere Stunden ihres Alltags auf Social Media. Egal ob Instagram, TikTok oder Snapchat – überall werden faszinierende, aber auch in gewisser Weise unreale Welten präsentiert. Diese intensive Nutzung hat durchaus das Potenzial, unser mentales Wohlbefinden und unsere psychische Gesundheit erheblich zu beeinflussen.

Die mentalen Kosten von Social Media

Durch Beauty-Filter verschönerte TikTok-Videos, Trends von Schönheitsidealen und die Präsenz von KI-generierten Influencer:innen: viele Jugendliche sind auf Social Media vor allem durch idealisierten Körperbilder immer stärkeren Druck ausgesetzt. Eine Studie von Saferinternet.at zum Thema „Schönheitsideale im Internet“ will zeigen, dass über die Hälfte der Befragten ihr Aussehen verändern möchte und ein Viertel sogar schon über Schönheitsoperationen nachgedacht habe. Eine erhebliche Rolle in dieser Problematik spielten vor allem Influencer:innen. Auf Social Media angezeigte Bilder könnten dazu führen, dass man sich mit anderen Personen vergleicht. Rund die Hälfte der Befragten gab an, schon einmal aufgrund eines Posts, das eigenen Aussehen verändert zu haben. Auch eine Umfrage des McKinsey-Health-Institutes zeigt, dass die Gen Z mehr als andere Generationen dazu neige, negative Gefühle im Zusammenhang mit Social Media zu äußern.

Die durch künstliche Intelligenz erstellten Beauty-Filter ermöglichen es Nutzer:innen, ihre Gesichtszüge in Echtzeit zu verändern, um idealisierten Schönheitsidealen nachzujagen. Besonders bei Mädchen und jungen Frauen könne dies zu erheblichen Folgen führen. Sie nutzen die Filter, um „schöner“ auszusehen und sich attraktiver zu fühlen. Anfangs wurden diese Filter nur zum Spaß benutzt, entwickelten sich mit der Zeit aber in ein bedeutendes soziales Phänomen, um Aussehen zu optimieren. Wissenschaftler:innen warnen vor Risiken der dauerhaften Nutzung solcher Filter, insbesondere in Bezug auf das Körperbild und die psychische Gesundheit.

Ein weiteres Problem, das durch die zunehmende Nutzung von Social Media verstärkt wird, ist die sogenannte FOMO (Fear of Missing Out). Hierbei handle es sich um eine durch Social Media induzierte Angst, bei der man das Gefühl hat, spannende Ereignisse zu verpassen. Die Schulkollegin ist auf der coolsten Party in der Stadt und teilt das über ihre Instagram-Story, während dein Lieblingsinfluencer schon wieder im Urlaub in Griechenland chillt und du sitzt zu Hause allein im Garten. FOMO entstehe durch den ständigen Vergleich mit den scheinbar aufregenden Leben anderer, die man über soziale Netzwerke vor die Augen geworfen bekommt. Diese Angst könne zu Stress, Schlafstörungen und depressiven Verstimmungen führen. Vor allem die Verbreitung von Social Media habe dieses Phänomen massiv verstärkt.

Gefangen im Sturm der digitalen Welt. 
Bild: Lena Haslinger in Auftrag an KI-Tool ChatGPT4 „Generiere ein Bild von einer Hand die auf einem Smartphone ins Unendliche scrollt“. Erstellt am 25.06.2024 um 17:30h.
Bild: Lena Haslinger in Auftrag an KI-Tool ChatGPT4 „Generiere ein Bild von einer Hand die auf einem Smartphone ins Unendliche scrollt“. Erstellt am 25.06.2024 um 17:30h.

Die digitale Droge – wie uns Social Media süchtig machen kann

Im Verlauf des Tages greifen viele Menschen fast schon zwanghaft jede freie Minute nach ihrem Smartphone, ist das digitale Gerät einmal nicht in Reichweite, wird man nervös, unruhig – fast schon so als ob man Entzugserscheinungen bekommt.

Laut Hirnforschern ist das auch kein Zufall, denn das Posten, Liken und Geliketwerden aktiviere das Belohnungszentrum im Gehirn, ähnlich wie es beim Essen, Trinken, Sex, Geld oder auch beim Drogenkonsum der Fall ist. Social Media und Smartphones setzen im Gehirn den Neurotransmitter Dopamin frei, der positive Glücksgefühle freisetzt – und davon will das Gehirn dann immer mehr.

Nicht jeder, der gerne seine Freizeit auf Social Media verbringt, ist auch tatsächlich süchtig danach. Als „riskante Nutzung“ gelte laut Expert:innen ein häufiger, langer Gebrauch mit einem erhöhten Risiko für negative Auswirkungen auf die körperliche und mentale Gesundheit. Eine Nutzung wird als „pathologisch“ und als Sucht eingestuft, wenn sie mit einem Verlust der Kontrolle über die Dauer und Häufigkeit einhergehe, zunehmend Vorrang vor anderen Alltagsaktivitäten habe und trotz negativer sozialer Folgen fortgesetzt werde.

Aktuelle Ergebnisse einer gemeinsamen Untersuchung der DAK-Gesundheit und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zeigen, dass hochgerechnet fast 1,3 Millionen der Minderjährigen in Deutschland soziale Medien in einem riskanten Ausmaß nutzten. Sechs Prozent der Befragten erfüllten aktuell die Kriterien für eine pathologische Nutzung, hochgerechnet betrifft dies 360.000 Kinder und Jugendliche.

Die süchtig machende Wirkung von sozialen Medien, eine bildliche Darstellung der digitalen Abhängigkeit.
Bild: Anna-Maria Gfrerer in Auftrag an KI-Tool Microsoft CoPilot in Bing „Bitte generiere ein Bild von Spritzen, auf denen Logos von Instagram, Snapchat, Facebook, TikTok und X abgebildet sind“. Erstellt am 25.06.2024 um 17:30h
Bild: Anna-Maria Gfrerer in Auftrag an KI-Tool Microsoft CoPilot in Bing „Bitte generiere ein Bild von Spritzen, auf denen Logos von Instagram, Snapchat, Facebook, TikTok und X abgebildet sind“. Erstellt am 25.06.2024 um 17:30h

Smartes Scrollen – bewusste Social Media Nutzung

Die Dosis macht das Gift – das gilt auch für die Nutzung von Social Media. Richtig eingesetzt, können digitale Plattformen viele Vorteile bieten. Sie unterhalten, inspirieren und informieren ihr Publikum. Soziale Medien ermöglichen es, mit Freunden und Bekannten in Kontakt zu bleiben und Erlebnisse zu teilen, was ein Gefühl der Zugehörigkeit vermitteln kann.

Um die Risiken negativer Auswirkungen zu minimieren, gibt es einige Tipps zu beachten. Zunächst sei es wichtig, das eigene Verhalten auf Social Media bewusst zu reflektieren und die Nutzungsmotive zu hinterfragen. Wer von Instagram, TikTok und Co. profitieren möchte, sollte regelmäßig die Accounts analysieren, denen gefolgt werde, und gegebenenfalls aussortiert werden.

Um der Versuchung zu widerstehen wird empfohlen, nicht ständig das Smartphone zu checken, helfe es, Push-Benachrichtigungen zu deaktivieren und die tägliche Nutzungszeit bestimmter Apps zu begrenzen.  Es sei essenziell sich regelmäßig vor Augen zu führen, dass Social Media nicht das reale Leben ist. Ein Verständnis dafür, wie diese Plattformen funktionieren und welche negativen Folgen sie haben können, erlaubt eine bessere Einschätzung des Einflusses auf das eigene Leben.

Die bewusste Wahl: Analog statt digital. 
Bild: Anna-Maria Gfrerer
Die bewusste Wahl: Analog statt digital.
Bild: Anna-Maria Gfrerer

Über die AutorInnen

Lena Haslinger ist 22 Jahre alt und studiert im 4. Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Erste journalistische Erfahrungen hat sie bei einem Praktikum beim Wirtschaftsmagazin „Die Macher“ gesammelt. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten mit ihrem Hund Mila.

Kontakt: LinkedIn Profil von Lena Haslinger
Bild: Julius Nagel

Anna-Maria Gfrerer ist 24 Jahre alt und studiert im 4. Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Während ihres Studiums ist sie auch im „Campus & City Radio St.Pölten“ tätig und belegt das Wahlpflichtfach „Ad Design & Creation“. In ihrer Freizeit ist sie meistens in den Bergen mit ihrer Kamera oder beim Skifahren zu finden.

Kontakt: LinkedIn Profil von Anna-Maria Gfrerer
Bild: Julius Nagl