„Hast du schon gehört? Sie hat schon wieder etwas an sich machen lassen!“ Worte, die man genau so von einem/r Klatschmagazinleser/in hören könnte. Doch was genau fasziniert an diesen Magazinen?
SUMO thematisiert, was Klatschmagazine ausmacht und wo sie in der Welt des Journalismus ihren Platz haben. Um die Auswirkungen der Magazine auf die LeserInnen besser zu verstehen, sprach SUMO mit der Psychologin Dr. Larissa J. Maier von der University of California, San Francisco.
Die sogenannten Frauenmagazine werden, laut Eva-Maria Lessingers Studie „Medienklatsch: Eine hermeneutische Begriffsanalyse massenmedialer Klatschkommunikation“ (2019), als mediale Adaption des Face-to-Face-Klatsches begriffen. Im Alltag führen beispielsweise zwei GesprächspartnerInnen ein Gespräch über eine Alltagsgeschichte einer dritten, abwesenden Person. Beide kennen die dritte Person oder den Hintergrund dieser Geschichte, so entsteht kein Erklärungsbedarf und das Gespräch wird nicht hinterfragt. Das geschieht mit einer absoluten Selbstverständlichkeit und stößt auf gesellschaftliche Akzeptanz. Diese Selbstverständlichkeit macht Klatsch-Gespräche somit alltagstauglich, vertraut und praktizierbar für die breite Masse. Klatschmagazine machen genau das, nur eben auf massenkommunikativer Ebene. Sie beschaffen Informationen aus den Leben verschiedener meist prominenter Personen und geben diese Neuigkeiten in einfacherer journalistischer Sprache wieder.
Doch braucht die Gesellschaft wirklich Magazine, in denen Mondkalender, Horoskope und Promi-Berichte dominieren? Larissa Maier meint, das „Brauchen“ sei Auslegungssache. Die natürliche menschliche Neugier verstärke das Verlangen nach solchen Artikeln. Die Menschen suchen nach Rollenbildern, etwa Prominente, wichtige Personen, die als Vorbild herangezogen würden und ein Gefühl von Sicherheit erzeugten. Zusätzlich sollen anspruchslosere Medienprodukte helfen abzuschalten, da sie inhaltlich nicht so fordernd seien und sich LeserInnen nach einem anstrengenden Tag mit leichter Medien-Kost belohnen könnten. Die Reichweiten der Frauenmagazine in Österreich sprechen außerdem für sie. An erster Stelle steht laut Österreichischer Auflagenkontrolle (ÖAK, 2019) „WOMAN“ mit einer Reichweite von 302.000 LeserInnen pro Ausgabe. Das Gratismagazin „Maxima“ folgt mit 293.000 LeserInnen pro Ausgabe, „Wienerin“ und „Welt der Frau“ liegen mit 177.000 und 171.000 Leserinnen pro Ausgabe fast gleichauf.
„Die Bunte“
Ein erfolgreiches Beispiel für ein Klatschmagazin ist die deutsche Zeitschrift „Bunte“. Die ehemalige Chefredakteurin Patricia Riekel berichtete im Interview mit „dbate.de“ aus dem Jahr 2016 von Situationen bei der Arbeit für ein Klatschmagazin. Zunächst meint Riekel, es sei wichtig zwischen Klatsch und Tratsch zu unterscheiden. Klatsch sei soziale Kontrolle, es sei wichtig für die Meinungsbildung der Bevölkerung und werde auf Fakten und Informationen aufgebaut, Tratsch hingegen sei nur, wie sie selbst sagt, ein Dahingeplätscher. Dass Klatschmagazine wichtig seien, belegt Riekel mit Beispielen. Für eine bestimmte Gruppe prominenter Personen sollen Klatschmagazine essentiell sein, doch nicht für alle, so Riekel, denn ihnen Talent sei Talent als Berichterstattungsinhalt wichtiger. Auch im Bereich der Politik könne man nicht auf die Klatschmagazine verzichten. Die ehemalige Chefredakteurin erklärt, in der „Bunten“ wird bei PolitikInnerinen genauer hingeschaut, denn diese haben Einfluss auf die Gesetzgebung und hier sei die Verantwortung größer. Die Aufgabe solcher Magazine sei es, die Diskrepanzen zwischen dem gewünschten Image eines Politikers bzw. einer Politikerin und deren gesetzten Handlungen im Privat–, nicht aber Berufsleben aufzudecken.
Seriöser Journalismus oder falsche Informationen?
Laut Maier gehe es immer stärker darum, Menschen bereits mit den Titeln eines Artikels abzuholen. LeserInnen seien viel eher dazu geneigt etwas zu rezipieren, wenn sie sich mit den Inhalten identifizieren können oder sich emotional zum Inhalt gebunden fühlen, stellt Maier fest. Objektive und seriöse Titel und Teaser könnten das nicht gewährleisten. Dies konnte auch bei den US-Präsidentschaftswahlen 2020 beobachtet werden: Die sogenannten „Fake News“ habe die Gesellschaft viel stärker rezipiert als die tatsächlichen, informativen Nachrichten mit seriösen Berichten zu den Wahlen.
Wenn man sich die journalistische Vorgehensweise bei den Klatschmagazinen ansieht, muss laut Lessingers Studie unterschieden werden, dass es sich hier um Unterhaltungsjournalismus handelt. Unterhaltung und Information werden im Journalismus ganz klar abgegrenzt, um so dem informativen Journalismus keinen Schaden in Bezug auf Seriosität und Qualität zuzufügen. Information und Unterhaltung sind in der massenmedialen Kommunikation als komplementäre Bestandteile zu betrachten. Klatschjournalismus ist eine Ausprägung des Unterhaltungsjournalismus. Im Vergleich zum Informationsjournalismus müssen diese Gattungen nicht den Kriterien des Qualitätsjournalismus folgen. Genauer betrachtet fällt auf, dass es im Unterhaltungsjournalismus noch viele offene Fragen gibt. Denn in jedem Klatschmagazin gibt es Unterschiede bezüglich der journalistischen Arbeitsweise. Diese Begriffsverwirrung lässt den Frauenmagazinen jedoch viele Freiheiten, denn ohne generelle Richtlinien oder moralische Rahmenbedingungen dieser journalistischen Gattung legt jedes Magazin, neben dem Gesetz, selbst fest, wie weit es für eine Story geht.
Social Media – der „neue“ Freund
InfluencerInnen können von ihren FollowerInnen ständig abgerufen werden. Sie verkörpern die zeitgemäßen Rollenbilder für die Community. Klatschmagazine sehen in ihnen ideale Promis, denn so erreichen sie ihre Zielgruppe genau da, wo sich diese aufhält – nämlich online. Larissa Maier meint, dass dieser Umstand die Nutzung der Klatschmagazine erhöht, die Schwierigkeit hierbei sei, dass der richtige Umgang mit den Online-Medien gerade der jüngeren Zielgruppe oft nicht vermittelt werde.
Social Media bietet nicht nur eine weitere Zielgruppe, durch eigene oder fremde Verlinkungen und Markierungen kann direkt auf die Magazine verwiesen werden. So können Userinnen bei ihrer Suche zufällig auf Beiträge der Magazine stoßen und direkt auf deren Seiten weitergeleitet werden. Das spielt den Magazinen, so wie anderen Medienprodukten, natürlich in die Karten. Hierbei aber des Horoskops, bisweilen „Horroskops“.
von Anja Stojanovic